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Stromverteilnetzbetreiber in Deutschland: Investment- und Finanzierungsstrukturen

Herausforderungen und Chancen der Energiewende - Marktüberblick, Finanzierungsoptionen und Strukturen

Stromverteilnetzbetreiber in Deutschland: Investment- und Finanzierungsstrukturen
Der Investitionsbedarf deutscher Stromverteilnetzbetreiber (Distribution System Operators, (DSOs)) steigt rasant – getrieben durch die Energiewende, Elektrifizierung und Digitalisierung. Kommunen und Stadtwerke stehen vor der Herausforderung, den Ausbau und die Modernisierung der Netze zu stemmen. Unsere Experten zeigen im Client Alert Wege auf, wie DSOs mit neuem Kapital von Investoren ausgestattet werden können. Neben Beteiligungsmodellen gewinnen strukturierte Kapitalmarktinstrumente und Plattformlösungen an Bedeutung. Für erfolgreiche Transaktionen sind maßgeschneiderte Strukturen und transparente Prozesse erforderlich, die kommunale Belange und regulatorische Vorgaben frühzeitig einbeziehen. Der Client Alert bietet eine Orientierung hinsichtlich der Herausforderungen und Chancen dieses Teils der Energiewende.

Die Stromverteilnetze, betrieben durch sog. Verteilnetzbetreiber (Distribution System Operator, DSO) sind die regionalen und lokalen Teile der Stromnetze, die elektrische Energie von den überregionalen Übertragungsnetzen, ihrerseits betrieben durch die sog. Übertragungsnetzbetreiber (Transmission System Operator, TSO), zu den Endverbrauchern bringen. Während es in Deutschland nur vier TSOs gibt (Amprion, 50Hertz, TenneT und TransnetBW), die ein Netz von rund 37.000 km betreiben, werden die mehr als 1,8 Millionen Kilometer langen Verteilnetze von über 860 DSOs betrieben.

Eigentum an und maßgeblicher Einfluss auf die DSOs liegen überwiegend bei Gemeinden und deren kommunalen Unternehmen (häufig Stadtwerke), in Teilen auch bei privaten Energieversorgungsunternehmen.

Die Verteilnetze sind speziell für die Gemeinden von großer Bedeutung, da sie Einfluss auf die lokale Ausgestaltung der Energiewende geben, Einnahmen generieren und in der Öffentlichkeit als aktive Instanz wahrgenommen werden. Dementsprechend besteht gerade auch auf kommunaler Ebene ein hohes Interesse an (finanziell) leistungsfähigen DSOs, die der Erfüllung der anstehenden Aufgaben und dem damit einhergehenden Ausbaubedarf gewachsen sind.

Der Investitionsbedarf in deutsche Verteilnetze in den kommenden Jahren steigt rasant, getrieben durch Elektrifizierung, E-Mobilität, Wärmepumpen, die Errichtung von Datenzentren und den massiven Ausbau erneuerbarer Energien. Ein aktueller Bericht von PwC im Auftrag der KfW-Bankengruppe nennt einen Bedarf in Höhe von EUR250 Mrd. bis 2045 allein für den Ausbau der Stromnetze und mehr als EUR535 Mrd. für die Transformationsinvestitionen (vor allem in Wärmeerzeugung und -verteilung) insgesamt. Der Schwerpunkt der Investitionen wird in den Jahren 2030-2035 zu leisten sein. Neben der Umsetzung der Energiewende bestehen weitere finanzintensive Verpflichtungen im kommunalen Verbund – etwa die Wasser- und Abwasserinfrastruktur oder andere Elemente der Daseinsvorsorge. Gleichzeitig sind kommunale Haushalte vielfach angespannt: Ausschüttungen der Stadtwerke werden im Kernhaushalt benötigt. Einfache Kommunalkredite stoßen bei großvolumigen Investitionsprogrammen an Grenzen – mit Folgen für Rating, Verschuldungsgrad und die Wahl investorenkompatibler Strukturen.

Folglich wird die zukunftsgerichtete Finanzierung der Transformation allein mit klassischen Instrumenten – vor allem Innenfinanzierung durch Mittel der Eigentümer, Darlehen der regionalen Hausbanken und öffentliche Förderung –nicht zu bewältigen sein. Für kurz- und mittelfristige Finanzierungslücken werden neue, innovative Modelle gesucht. Zunächst existieren aber bereits bewährte Strukturen, die in der Projektfinanzierung von Energieprojekten und anderen Infrastruktursparten entwickelt wurden. Neben Eigenkapitallösungen treten strukturierte Beteiligungs- und Fremdkapitalinstrumente in den Vordergrund, die sowohl kommunale Interessen als auch Investorenanforderungen adressieren.

Der folgende Überblick beleuchtet die wesentlichen regulatorischen Rahmenbedingungen, erprobte Beteiligungs- und Finanzierungsstrukturen sowie praktische Umsetzungsthemen.

Regulatorische Rahmenbedingungen

Die Stromverteilnetze können als natürliche Monopole bezeichnet werden und sind dementsprechend auf verschiedenen Ebenen reguliert. Vor allem die Regulierung durch das Energierecht, und hier namentlich durch das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG), dient dem Zweck, auch im Rahmen solcher monopolartigen Strukturen eine sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente, umweltverträgliche und treibhausgasneutrale leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Strom sicherzustellen. Neben dem Erfordernis einer Genehmigung für den Netzbetrieb (siehe dazu (a)), ist Charakteristikum der deutschen Regulierung für Verteilnetze vor allem die Vergabe sog. Konzessionen durch die jeweilige Gemeinde (siehe dazu (b)). Darüber hinaus sollen DSOs unabhängig sein, um Anreize für die Diskriminierung anderer Akteure auf dem Strommarkt zu verhindern; hierfür gelten spezifische Entflechtungsvorgaben (Unbundling), die eine rechtliche, organisatorische, informationelle und buchhalterische Trennung von anderen energiewirtschaftlichen Bereichen erfordern (siehe dazu (c)). Staatliche Beihilferegeln spielen bei Transaktionen mit der öffentlichen Hand eine zentrale Rolle und zur Minimierung von Risiken haben sich bestimmte Verfahren bewährt (siehe dazu (d)). Bei der Interaktion mit Kommunen sind weitere Besonderheiten zu beachten, einschließlich variierender kommunalrechtlicher Vorgaben der Bundesländer (siehe dazu (e)).

(a) Genehmigungserfordernis

Die Aufnahme des Betriebs eines Energieversorgungsnetzes bedarf gemäß § 4 EnWG der Genehmigung durch die nach Landesrecht zuständige Behörde. Die Genehmigung darf nur versagt werden, wenn der Antragsteller nicht die personelle, technische und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit besitzt, um den Netzbetrieb entsprechend den Vorschriften dieses Gesetzes auf Dauer zu gewährleisten. Schon aus dem Umstand, dass diese Genehmigung nicht nur bei Aufnahme der Tätigkeit eines DSO erteilt werden muss, sondern fortwährend aufrechterhalten werden muss, ergibt sich die Notwendigkeit einer – gemessen am (steigenden) Bedarf –  hinreichenden und soliden Finanzierung.

Die dem deutschen Regulierer eingeräumten Befugnisse unterscheiden zwischen der Aufsicht über TSO und DSO. Während allgemeine regulatorische Vorgaben für beide gelten, erlaubt das EnWG bei TSOs eine Kapitalerhöhung anzuordnen, wenn erforderliche Netzausbauinvestitionen nicht durchgeführt werden. Solche zwangsweise angeordneten Kapitalerhöhungen können zu einer Beteiligung von bisher externen Investoren führen und damit Eigentumsstrukturen sowie Mehrheitsverhältnisse verändern; die bestehenden Anteilseigner unterliegen jedoch keinen unmittelbaren Finanzierungspflichten. Für DSOs gibt es keine vergleichbare gesetzliche Pflicht zur Kapitalerhöhung. Gleichwohl können regulatorische Eingriffe ähnliche Wirkungen entfalten, etwa durch die Auferlegung von Investitionspflichten oder die Anpassung von Erlösobergrenzen.

(b) Konzessionserfordernis

Der Betrieb eines Stromverteilnetzes erfordert die vertragliche Einräumung der Nutzung öffentlicher Verkehrswege. Diese Nutzungsrechte werden durch Wegenutzungsverträge, die sog. Konzessionen, nach § 46 EnWG von der jeweiligen Kommune in einem wettbewerblichen Verfahren vergeben. Diese Verfahren orientieren sich an den Grundsätzen des Rechts der öffentlichen Auftragsvergabe, unterliegen den vergaberechtlichen Bestimmungen jedoch grundsätzlich nicht. Ziel ist die Auswahl des Bieters, der aufgrund einer prognostischen Beurteilung voraussichtlich die beste Eignung dafür hat, das Netz im Konzessionsgebiet sicher, preisgünstig, verbraucherfreundlich, effizient und umweltverträglich zu betreiben. Grundlage der Konzession ist dann ein ausführlicher Vertrag, der die langfristige Zusammenarbeit regelt, häufig mit Laufzeiten von bis zu 20 Jahren. In der Praxis wurden viele dieser Konzessionen in den Jahren um 2010 vergeben, so dass ab dem Jahre 2030 mit einer erneut signifikant steigenden Anzahl von Vergabeverfahren zu rechnen sein wird, weil dann viele der auf 20 Jahre befristeten Konzessionen auslaufen; zwei Jahre vor dem Ende der Vertragslaufzeit muss mit einer Bekanntmachung das Verfahren zur Neuvergabe eingeleitet werden. Eine Reihe der Vergabeverfahren führten zudem zu einer sog. Rekommunalisierung, weil die Konzessionen im Ergebnis Unternehmen erteilt wurden, an denen die jeweiligen Gemeinden beteiligt sind, sei es als einziger Gesellschafter oder auch als Mitgesellschafter neben anderen kommunalen oder privaten Unternehmen aus der Energiewirtschaft. In den Konzessionen finden sich häufig Change-of-Control-Klauseln, die im Fall des Kontrollwechsels des Betreibers jedenfalls eine Mitwirkung der Kommune erfordern. Demzufolge müssen bei Transaktionen, die sich auf die Gesellschafterebene von DSOs auswirken, die kommunalen Entscheidungsträger auch während der Laufzeit der Konzessionsverträge frühzeitig eingebunden werden.

(c) Unbundling-Vorschriften

Zentrales Instrument der energierechtlichen Regulierung von Netzbetreibern ist die sog. Entflechtung, d.h.  die Trennung zwischen Netzbetrieb und anderen Bereichen der Energieversorgung (z. B. Erzeugung, Vertrieb). Nach dem EnWG müssen Netzbetreiber rechtlich, organisatorisch und in ihrer Rechnungslegung von anderen Tätigkeiten getrennt sein. Der Gesetzgeber belässt hinsichtlich der konkreten Umsetzung Spielräume, die für DSOs weiter reichen als für die strenger regulierten TSOs. Nach § 7 EnWG kann der Netzbetrieb von einer neu gegründeten oder bereits existierenden Gesellschaft wahrgenommen werden, sofern die Trennung von sonstigen Bereichen der Energieversorgung erfolgt. Anders als bei Transportnetzbetreibern (Übertragungsnetzen) schreibt das EnWG für DSOs somit zwar eine rechtliche, aber keine eigentumsrechtliche Entflechtung vor. Den Gemeinden ist es daher überlassen, ob sie das Eigentum an den Verteilnetzen auf eine neue Gesellschaft übertragen oder aber die Netze lediglich an diese verpachten. Inhaltlich konkretisieren die Vorgaben aus § 7a EnWG die Entflechtung. Danach soll die tatsächliche Selbstständigkeit durch ebenso ausreichende wie unabhängige personelle und organisatorische Ressourcen sichergestellt werden. Tatsächlich wird dies häufig über eigenständige Netzgesellschaften umgesetzt – ein Ansatz, der Investitionen in eine solche Zweckgesellschaft erleichtert.

(d) Vergabe-, beihilfe- und kartellrechtliche Aspekte

Die spezifischen Vorgaben zur Vergabe von Konzessionen nach § 46 EnWG werden durch das eigentliche Recht der öffentlichen Auftragsvergabe, also in Deutschland namentlich das Vergaberecht nach §§ 97 ff. des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), nur dann ergänzt oder überlagert, wenn und wo ein Element der Beschaffung von Waren und Dienstleistungen vorliegt; das ist bei den üblichen Konzessionsvergaben nach § 46 EnWG aber nicht der Fall. Zugleich führt der Umstand, dass ein wettbewerbliches Verfahren jedenfalls nach § 46 EnWG durchgeführt wird, zu einer grundsätzlich belastbaren Vermutung, dass die Konzession auch mit dem Verbot der Gewährung von Beihilfen nach Art. 107 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) vereinbar ist.

(e) Kommunale Besonderheiten

Viele Verteilnetze befinden sich im Eigentum von Kommunen und deren kommunalen Unternehmen. Hier sind politische sowie kommunal- und kommunalwirtschaftsrechtliche Besonderheiten zu beachten, etwa Zustimmungserfordernisse der kommunalen Gremien oder auch von Kommunalaufsichtsbehörden. Die kommunalrechtlichen Vorgaben variieren im Einzelnen zwischen den Bundesländern. So regeln Gemeindeordnungen die Anforderungen an wirtschaftliche Betätigungen und Beteiligungen an Gesellschaften. Exemplarisch gilt nach § 122 HGO (Hessische Gemeindeordnung), dass eine Gemeinde nur an Gesellschaften beteiligt sein darf, wenn ihre Haftung begrenzt und ein angemessener Einfluss gesichert ist; bei Mehrheitsbeteiligung der Gemeinde muss die Gemeinde auf Wirtschaftsplanung und Einhaltung wirtschaftlicher Grundsätze achten. Grundsätzlich muss die Nachschusspflicht für die Gemeinde ausgeschlossen oder begrenzt sein. Zu beachten sind zudem vielfältige Transparenzpflichten im Hinblick auf getroffene Vereinbarungen, die sich aus den Rechten kommunaler Gremien ergeben können oder etwa auch aus Transparenz- und Informationsfreiheitsgesetzen, die je nach Landesrecht zur Offenlegung vertraglicher Vereinbarungen verpflichten können.

Beteiligungsstrukturen

(a) Vorüberlegungen

Ausgangspunkt der Strukturierung ist regelmäßig eine eigenständige Netzgesellschaft als Zielgesellschaft, an die DSO-Aktivitäten ausgelagert wurden. Sofern die Vermögensgegenstände noch nicht in einer separaten Einheit gebündelt sind, empfehlen sich Umwandlungsmaßnahmen (Ausgliederung, Abspaltung oder Verschmelzung), um die Vorteile der Gesamtrechtsnachfolge zu nutzen; die korrespondierende Nachhaftung ist beherrschbar. Bei der Separierung ist insbesondere die Tragfähigkeit und Entflechtung der IT Systeme sicherzustellen.

(b) Beteiligung externer Gesellschafter

Sind die Verteilnetze einmal an eine eigenständige Netzgesellschaft ausgegliedert, fällt es Kommunen oft leichter, externe Gesellschafter zuzulassen. Die Höhe einer Beteiligung kann je nach Interessenlage variieren. Finanzstarke Gemeinden können Mehrheitsmodelle oder Gemeinschaftsunternehmen (Joint Ventures) anstreben, um private Kapital- und Kompetenzzufuhr zu ermöglichen. Der Joint-Venture-Vertrag regelt dann die Nominierungsrechte hinsichtlich der Geschäftsführung und legt die Geschäfte fest, die der Zustimmung beider Gesellschafter bedürfen (Reserved Matters). Die Veräußerbarkeit der Beteiligung wird durch Übertragungseinschränkungen und spezifische Veräußerungsverfahren (Exit) näher ausgestaltet. Häufig genügt eine kommunale Minderheitsbeteiligung in Höhe von bis 24,9%, um strategischen Einfluss zu wahren. Die Regelungen dazu finden sich dann wieder im Joint Venture Vertrag. In Verbindung mit Garantiedividenden zugunsten der Gemeinde lassen sich Einnahmensicherheit und Planbarkeit erzielen, ohne die volle Kontrolle zu verlagern. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, ob die Entkonsolidierung der Beteiligung und der damit verbundenen Fremdfinanzierung gerade gewünscht ist. Maßgeschneidert können Vorzugsanteile mit planmäßiger Rückführung des Investments eine cashflow-orientierte Alternative mit klaren Exit-Pfaden (Put-Optionen oder Auktionsrechte) bieten.

(c) Sale-and-Lease-Back

Aus Investorensicht ist eine Fokussierung allein auf das Anlagevermögen („AssetCo“) eine alternative Option; operative Einheiten verbleiben im kommunalen Einfluss. Solche Strukturen mit Trennung von Eigentum und Betrieb (Verkauf und Rückmiete, Sale-and-Lease-Back) können Liquidität heben, erfordern aber wegen Konzessions- und Regulierungsfragen eine enge kommunale Abstimmung und häufig die Prüfung von Neuvergaben der Konzessionen oder Anpassungen der Wegenutzungsverträge.

(d) Bündelung und Skalierung: Plattformmodelle für kleinere Netze

Für kleinere Stadtwerke, die den Investitionsbedarf und die notwendige Transformation allein nicht stemmen können, bieten Plattform- oder Bündelungslösungen effiziente Skalierung. Die Einbringung mehrerer Netze in eine gemeinsame Holding, an der Gemeinden proportional beteiligt sind, schafft Investitionsfähigkeit, verbessert Kapitalmarktzugänge und erleichtert die Umsetzung von Digitalisierungs- und Resilienzprogrammen. Bestehende Strukturen, wie beispielsweise die HanseWerk in Schleswig-Holstein oder das Thüga Modell, demonstrieren die Praktikabilität solcher Zusammenschlüsse trotz teils fortbestehender regionaler Veränderungsresistenz („Kirchturmdenken“).

Fremdfinanzierungsmöglichkeiten für DSO

Um den erheblichen Finanzierungsbedarf der DSOs in den kommenden Jahren zu decken, kommen auf der Fremdfinanzierungsseite bank- und kapitalmarktorientierte Instrumente in Betracht. Nachfolgend werden die wesentlichen Optionen skizziert.

(a) Bankkredit und Schuldscheindarlehen

Bankkredite sind das klassische und am weitesten verbreitete Finanzierungsinstrument für DSOs, insbesondere als bilaterale oder syndizierte Unternehmensfinanzierung auf DSO-Ebene. 
Daneben kommen Projektfinanzierungsstrukturen in Betracht, sofern das Verteilnetz in einer eigenständigen Netzgesellschaft gehalten und betrieben wird, die von den übrigen Aktivitäten des Eigentümers (etwa eines Stadtwerks) rechtlich und risikotechnisch getrennt ist. Zwingende Voraussetzung für eine Projektfinanzierung ist, dass der Netzbetrieb ausreichend ertragsstark ist, um die Schuldendiensttragfähigkeit der Netzgesellschaft über den gesamten Finanzierungszeitraum sicherzustellen. Hier ist im Einzelfall anhand der jeweils geltenden Gemeindeordnung zu prüfen, ob und welche Restriktionen sich für Unternehmen mit kommunalen Gesellschaftern ergeben (z.B. strenge Zweckbindung an kommunalrechtlich zulässige Tätigkeiten) und welche Restriktionen z.B. für die Gesellschafter selber gelten etwa im Hinblick auf die Gewährung von Sicherheiten (wobei Sicherheiten staatlicher Akteure dann auch beihilferechtlichen Anforderungen genügen müssen wie dem sog. Private Debtor Test oder den Anforderungen der sog. Bürgschaftsmitteilung der EU-Kommission).

Ergänzend erweitern insbesondere größere DSOs ihren Finanzierungsmix durch Schuldscheindarlehen als kapitalmarktnahes Darlehensformat, um den Kreis der Kapitalgeber gezielt auf institutionelle Investoren auszuweiten.

Schließlich werden die oben Ziffer 2.(c) skizzierten Sale-and-Lease-Back Strukturen typischerweise mit einer Darlehensaufnahme durch den Erwerber und Leasinggeber kombiniert: analog zu Projektfinanzierungsstrukturen ist der Darlehensnehmer als insolvenzferne Einzweckgesellschaft zu konzipieren.

Diese Finanzierungsformen sind im Markt bekannt, bewährt und in ihren Parametern umfassend erprobt. Sie bieten flexible und im Vergleich häufig kostengünstige Finanzierungsmöglichkeiten, insbesondere in Kombination mit öffentlichen Förderkrediten und -programmen. Gleichwohl ist angesichts höherer Eigenkapitalunterlegung und gestiegener Refinanzierungskosten im Bankenmarkt eine Zurückhaltung bei sehr langen Laufzeiten zu beobachten. Vor dem Hintergrund des hohen Gesamtbedarfs ist zu erwarten, dass Bankkredite und Schuldscheindarlehen allein den Fremdfinanzierungsbedarf nicht vollständig decken werden.

(b) Strukturierte Fremdkapitalfinanzierung und Verbriefung

Neben diesen klassischen Bankfinanzierungen treten strukturierte Finanzierungen in unterschiedlichen Spielarten in den Vordergrund, bei denen das Fremdkapital für die DSOs über Kapitalmarktinstrumente oder Vehikel (Zweckgesellschaften) am Kapitalmarkt eingeworben wird. Bei diesen Strukturen kann es sich ebenfalls anbieten, den hohen Transaktionsaufwand durch gemeinsame Strukturierung für mehrere DSOs zu abmildern oder Plattformlösungen zu etablieren (siehe nachfolgend (c)). In der Regel sollte es dabei möglich sein, Refinanzierungsplattformen so auszugestalten, dass Haftungsverbindungen in Form von Überkreuzbesicherungen oder gegenseitigen Ausfallhaftungen vermieden werden, d.h. jede Gemeinde und jedes Stadtwerk haftet auch im Fall der Nutzung einer Refinanzierungsplattform nur für die selbst in Anspruch genommene Finanzierung. Solche Modelle finden sich seit langem im Kapitalmarkt, etwa im Verbriefungsbereich in Form von sog. Multiseller-Strukturen.

Was die Instrumente angeht, kommen etwa strukturierte Finanzierungen über Namensschuldverschreibungen oder Inhaberschuldverschreibungen in Betracht. Auch sog. Repackings (Kreditbündelungen) über Zweckgesellschaften sowie klassische Verbriefungen (True Sale) über Verbriefungszweckgesellschaften sind denkbar.

Bei der Strukturierung der konkreten Transaktion sind dabei sowohl regulatorische Vorgaben zu beachten als auch die besonderen Bedürfnisse der in- wie ausländischen Investoren. Regulierte institutionelle Investoren wie etwa Versicherungen, Pensionskassen, Pensionsfonds oder Versorgungswerke werden oftmals besonderen Investitionsanforderungen unterliegen – etwa nach der Anlageverordnung oder vergleichbaren Statuten berufsständischer Versorgungswerke – und können dabei durchaus eine Präferenz oder besondere Anforderungen (Anlageklassen) für eine Investition über verbriefte Kapitalmarktinstrumente haben.

Echte Verbriefungen mit tranchierten Anleihen, d.h. forderungsbesicherten Wertpapieren (Asset-Backed Securities, (ABS)), schaffen differenzierte Risikoprofile für unterschiedliche Investorensegmente, gehen aber mit höherer rechtlicher und dokumentarischer Komplexität einher.

Alternativ erlauben EU-Kreditfonds (Debt Funds) direkte Kreditvergaben, was eine flexible Allokation von Investorenkapital in Netzinfrastruktur ermöglicht.

(c) Weitere Finanzierungsbausteine

Kapitalmarktanleihen von Stadtwerken bleiben ein relevanter Baustein, sind jedoch mit Emittentenrating, Prospekt- und Folgepflichten verbunden und typischerweise teurer als bilaterale Kredite. Mezzanine-Instrumente bieten nachrangige Finanzierungsspielräume nahe am Eigenkapital, gehen allerdings mit höheren Kosten und erhöhten Anforderungen an Kennzahlen (u. a. Leverage, Rating) einher. Bürgerbeteiligungsmodelle tragen vor allem zur Akzeptanz und lokalen Verankerung bei, erfüllen aber großvolumige Fremd- oder Eigenkapitalbedarfe nicht. Übergreifend gilt: Eine belastbare Eigenkapitalbasis bleibt der Schlüssel für günstige Refinanzierung und den Zugang zu institutionellem Kapital; flankierend kann eine investitionsfreundliche Netzentgeltregulierung mit angemessener Eigenkapitalverzinsung zusätzliches Kapital mobilisieren.

(d) Plattformen

Die Markteintrittshürden und kapitalmarktrechtliche Folgepflichten sind bei strukturierten Finanzierungen mittels Kapitalmarktinstrumenten im Regelfall höher als bei klassischen Kreditfinanzierungen in Form von Hausbankdarlehen oder syndizierten Kreditfinanzierungen. So verursacht die erstmalige Emission einer Anleihe oder eines anderen Kapitalmarktinstruments für die DSOs im Regelfall höheren Aufwand und Kosten als eine klassische Kreditfinanzierung. Um den Zugang zum Kapitalmarkt zu erleichtern, ist es empfehlenswert, Plattformlösungen zu etablieren, die über eine Standardisierung der Dokumentation und ggf. des Bereitstellens vom Emissionsplattformen – etwa über Verbriefungsvehikel und sonstige Zweckgesellschaften – Synergien schaffen und den DSOs einen erleichterten und kosteneffizienteren Zugang zum Kapitalmarkt gewähren können. Erfolgreiche Praxisbeispiele für solche Fördermodelle im Bereich der Refinanzierung von SME-Darlehen oder wohnungswirtschaftlichen Darlehen sind etwa die Ende der 2000er-Jahre von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) aufgesetzten Verbriefungsplattformen für Banken (PROMISE & PROVIDE). Auch im Bereich der effizienten Kapitalmarktrefinanzierung von DSOs könnten nun ähnliche Kapitalvermittlungsplattformen mit Hilfe der öffentlichen Hand oder von Verbänden etabliert werden, um den Kapitalmarktzugang für die Refinanzierung von energiewirtschaftlichen Infrastrukturvorhaben zu fördern.

Marktüberblick und Trends

Der deutsche Verteilnetzsektor ist durch starke kommunale Prägung, 20-jährige Konzessionszyklen und einen erheblichen Investitionshochlauf gekennzeichnet. Aus Investorensicht prägen insbesondere fünf Entwicklungen den Markt:

  • Öffentliche Förderung: Es besteht derzeit noch Unsicherheit, in welchem Maße und in welcher Form die Finanzierung der Transformation tatsächlich unterstützt wird. Das Infrastrukturpaket der Bundesregierung enthält eine Reihe von Ankündigungen, aber bis zu der Konkretisierung der Details setzt die bisher bestehende Unsicherheit nicht die gewünschten Anreize.
  • Eigentums- und Steuerungsstrukturen: Kommunale Allein- oder Mehrheitsbeteiligungen dominieren, gelegentlich schon ergänzt um Minderheitsbeteiligungen privater Versorger oder Finanzinvestoren. Die Gemeinden streben in der Regel einen strategischen Einfluss an. Solche Strukturen werden vereinfacht, wenn die relevanten Assets schon in einer Gesellschaft separiert sind. Mit Joint-Venture Verträgen können kommunale Einflussrechte, transparente Berichterstattung und Change-of-Control-Mechanismen gesichert werden.
  • Ausbau- und Digitalisierungsschub: Getrieben durch Elektrifizierung, Erzeugungszuwachs aus erneuerbaren Energien und Netzanschlussdruck müssen die Stromnetze massiv ausgebaut werden. Parallel zum Netzausbau und -verstärkung werden die Netze aber auch modernisiert mit Smart-Grid-Funktionen, regelbaren Ortsnetztransformatoren, intelligenter Messtechnik sowie IT/OT-Resilienz.
  • Erneuerbaren- und Netzanschlussoffensive: DSO verzeichnen stark zunehmende Anschlussbegehren für Photovoltaik, Speicher und Ladeinfrastruktur. Engpässe werden durch Standardisierung, beschleunigte Genehmigungen und vorausschauende Netzentwicklungsplanung adressiert. Flexible Einspeise- und Demand-Side-Management-Konzepte gewinnen an Bedeutung. Der Wettlauf um die Netzanschlüsse wird durch das „first come, first serve“ noch intensiviert und führt teilweise zu Verzerrungen.
  • Konsolidierung und Plattformmodelle: Kleinere Stadtwerke suchen über regionale Plattformen, Joint Ventures und Holdings nach Skaleneffekten in Beschaffung, Finanzierung und Digitalisierung. Bündelungen erleichtern Kapitalmarktzugang, Professionalität in der Projektumsetzung und die Einhaltung regulatorischer Vorgaben.
  • Finanzierungstrends und Investorennachfrage: Neben klassischem Bank- und Schuldscheinmarkt rücken strukturierte Lösungen in den Vordergrund: SPV-/Anleihe-Setups mit Fronting-Bank, kapitalmarktmäßige Schuldtitel, ABS-ähnliche Tranchenstrukturen sowie Kreditfonds-Finanzierungen. Dies erweitert die Investorenbasis und erlaubt eine passgenaue Allokation von Risiko-/Renditeprofilen – stets im Einklang mit regulatorischen Anforderungen sowie kommunalrechtlich geforderter und politisch gewünschter Transparenz. Zunehmend aktiv sind zudem langfristig ausgerichtete Infrastrukturfonds, die stabile, regulierte Cashflows suchen; ESG-Merkmale der Projekte wirken als zusätzlicher Nachfrage- und Pricing-Treiber.

Implikationen für Transaktions- und Finanzierungsprozesse

Der Markt zeigt eine klare Beschleunigung bei Programmen zu Investitionsausgaben (CAPEX), Digitalisierung und Integration erneuerbarer Energien quer durch alle Eigentümerstrukturen. Für Investoren ergeben sich belastbare Anknüpfungspunkte für Minderheits- und Vorzugsanteilmodelle, für Joint Ventures mit kommunaler Mehrheit sowie für Sale-and-Lease-Back-nahe Strukturen. Auf Finanzierungsseite deuten die skizzierten Optionen auf eine breitere Investorendurchdringung hin, einschließlich institutioneller Investoren mit Affinität zu tranchenfähigen Cashflow-Profilen und ESG-orientierten Strategien. Transaktionsseitig sind die frühzeitige Konzessions- und Beihilfeanalyse sowie die Unbundling-Due-Diligence erfolgskritisch. In der Dokumentation empfiehlt sich ein klarer Fokus auf Governance, Ausschüttungspolitik, CAPEX-Steuerung und Restrukturierungsmechanismen, abgestimmt auf kommunale Transparenzanforderungen.

Fazit

Der Ausbau und die Modernisierung der Verteilnetze erfordern pragmatische, kommunal kompatible Beteiligungs- und Finanzierungsstrukturen. Auf der Eigenkapitalseite bieten Minderheits-, Vorzugs- und Joint Venture-Modelle flexible Lösungen zur Kapitalbeschaffung; auf der Fremdkapitalseite eröffnen strukturierte Instrumente (Fronting/True Sale, kapitalmarktmäßige Schuldtitel, ABS, Kreditfonds) einen breiteren Zugang zu Kapital. Transaktionssicherheit entsteht durch die frühzeitige Prüfung von Konzessions- und Beihilfefragen, Unbundling und IT-Resilienz sowie durch klar definierte Investitionsausgaben (Capex)- und Ausschüttungsmechanismen. Der Marktüberblick unterstreicht die Dynamik und Investitionsfähigkeit des Sektors. Für Investoren wie Kommunen gilt: Struktur folgt Zweck – maßgeschneiderte Strukturen, klare Verantwortungsverteilung und bankfähige Dokumentation sind die Hebel für eine zügige Umsetzung.